Von der Cordillera Huayhuash zum Huascarán

Vier Wochen Wandern und Bergsteigen in den Anden Perus

Ein Bericht über die Reise unserer Hochtouristengruppe (HTG) von Hans Mau


Donnerstag, 10. Juli 2003
Flug nach Lima

Kurz nach 8.00 Uhr hebt unser Flugzeug im Erdinger Moos ab. In Madrid müssen wir umsteigen, dann folgen weitere elf Stunden Flug über den Atlantik und das Amazonasbecken nach Lima, wo unser Airbus gegen 17.50 Uhr bei einbrechender Dunkelheit landet. Der Kleinbus, der uns ins Hotel bringt, hat schon nach ein paar Kilometern eine Reifenpanne, das fängt gleich gut an! Mit einem Ersatzbus erreichen wir das zentral gelegene Hotel Kamana, bestellen uns dort noch etwas zu essen und verziehen uns um 21.00 Uhr Ortszeit (= 4.00 Uhr deutsche Zeit) auf die Zimmer.

Freitag, 11. Juli 2003
Fahrt nach Huaraz

Punkt 9.00 Uhr verlässt ein komfortabler Überlandbus die peruanische Hauptstadt. Es dauert fast zwei Stunden, bis wir die Stadtgrenze erreichen, auf der Panamericana geht es dann in Richtung Norden. Nach 200 km Fahrt zweigt bei Pativilca die Straße in die Berge ab. Über den 4.020 m hohen Conocochapass fährt der Bus nach Huaraz, eine auf 3.050 m Höhe gelegene Provinzhauptstadt mit etwa 70.000 Einwohnern. Bei Einbruch der Dunkelheit kommen wir an, im Hotel San Sebastian werden wir mit "musica andina" und einem Pisco Sour, dem Nationalgetränk, empfangen.

Samstag, 12. Juli 2003
Wanderung über Wilkawain nach Monterrey

Am Vormittag treffen wir uns im Haus von Antonio, der unsere Reise organisiert hat, um noch letzte Einzelheiten zu besprechen. Der Hauptplatz von Huaraz hat sich seit meinem letzten Aufenthalt vor sechs Jahren etwas verändert, auf einem riesigen Podest thront eine meterhohe Christusfigur. Auch das Haus von Antonio ist mittlerweile auf drei Stockwerke angewachsen. Ab Mittag brechen wir bei bestem Wetter zu einer kleinen Wanderung auf. Es geht gemütlich hinauf bis auf etwa 3.400 m, an den Ruinen von Wilkawain aus der Zeit um 400 v. Chr. vorbei. Dann folgt der Abstieg nach Monterrey, wo wir uns in den warmen Quellen ein kurzes Bad genehmigen, bevor uns ein klappriger Bus nach Huaraz zurückbringt. Im Hotel muss dann noch die Ausrüstung für die kommenden vierzehn Tage zusammengepackt werden, morgen beginnt unser Bergprogramm mit der

Trekkingtour um die Cordillera Huayhuash

Mit nur etwa 30 km Ausdehnung ist die Cordillera Huayhuash eine relativ kleine Berggruppe, aber zweifellos eines der schönsten Hochgebirge unseres Planeten. Gipfel bis 6.634 m Höhe mit schwierigen Eiswänden und zerrissenen Gletschern, dazu unzählige türkisfarbene Seen mit traumhaften Lagerplätzen sind charakteristisch für dieses Gebiet. Um diese Berggruppe herum führt eine etwa 170 km lange Trekkingroute über (je nach Routenwahl) acht bis zehn mehr als 4.500 m hohe Pässe, für die ungefähr vierzehn Wandertage erforderlich sind.
Sonntag, 13. Juli 2003
Anfahrt über Chiquian - Wanderung nach Quero

Um 7.00 Uhr werden wir am Hotel abgeholt, bei Antonio wird noch die komplette Ausrüstung für die nächsten zwei Wochen verladen. Dann geht es zurück zum Conocochapass, wo die Straße in Richtung Cordillera Huayhuash abzweigt. Bald sehen wir die weiße Bergkette in voller Pracht vor uns, in Chiquian (3.300 m) können wir uns für eine halbe Stunde die Füße vertreten. Dann fahren wir auf der Schotterstraße weiter talabwärts und folgen einer neu erbauten Seitenstraße bis zum Endpunkt auf ca. 3.200 m Höhe. Ab jetzt muss gelaufen werden! Kurz nach Mittag geht es los, gemütlich wandern wir auf einem guten Steig bis auf 3.400 m hinauf und steigen noch knapp 300 m bis ins kleine Dorf Quero ab, wo der erste Lagerplatz aufgebaut wird.

Anfahrt zur Cordillera Huayhuash
Auf dem Pass Montag, 14. Juli 2003
Quero - Pueblo Viejo - Mahuay

Gegen 9.00 Uhr ist heute Aufbruch, langsam und gleichmäßig ansteigend wandern wir teils weglos in drei Stunden in einen ziemlich genau 4.000 m hohen Pass, von wo aus sich wieder eine traumhafte Aussicht auf die Hauptgipfel der Cordillera Huayhuash ergibt. Von dort aus machen wir einen Abstecher zum "Pueblo Viejo", einer über 1.000 Jahre alten Kultstätte, wie mir einer unserer Begleiter erklärt. Ein paar recht gut erhaltene Steinhütten stehen noch herum, vereinzelt sind im Innern Schädel- und sonstige Knochen zu erkennen. Dann geht es zurück zum Pass, wir queren zu einem weiteren 4.200 m hohen Pass und steigen von dort in der untergehenden Sonne ab nach Mahuay (3.700 m). Der erste etwas anstrengendere Tag liegt hinter uns, mit neun Stunden Gehzeit und etwa 1.400 Aufstiegshöhenmetern, dafür wird es morgen wieder gemütlicher.

Dienstag, 15. Juli 2003
Ausflug in einen Pass zur Akklimatisation

Drei Leuten geht es heute nicht so gut, sie bleiben im Lager zurück. Die anderen sechs machen sich auf den Weg zu einer kleinen Wanderung. In der warmen Sonne steigen wir in knapp drei Stunden auf zu einem etwa 4.500 m hohen Pass, der, wie sollte es auch anders sein, wieder einmal ein hervorragender Aussichtspunkt in die Cordillera Huayhuash ist. Etwa eine Stunde genießen wir den Ausblick und steigen dann ab ins Lager, wo wir sofort von den Dorfkindern umlagert sind, die neugierig jede unserer Bewegungen verfolgen. Gemütlich geht der Tag zu Ende, die bevorstehende Etappe wird jedoch wieder etwas länger.

Pause am Pass auf ca. 4.500 m
Lago Sacra (4.530 m) Mittwoch, 16. Juli 2003
Mahuay - Milupass - Matacancha

Um 7.20 Uhr brechen wir auf, durch Mahuay hindurch folgen wir dem Weg in ein langgezogenes Hochtal. Einzelne Almen, wo auf 4.200 m Kühe weiden, liegen am Weg, ansonsten sind wir hier allein. Wir biegen in ein Seitental ab und steigen zum Lago Sacra (4.530 m) auf, wo es direkt am fast kreisrunden, tiefblauen See das Mittagessen gibt. Bis zum ersten 4.600 m hohen Pass ist es dann nicht mehr weit, nach einem kurzen Abstieg folgt eine längere Querung zum Milupass (4.710 m), leider sind inzwischen ein paar Wolken aufgezogen, ein frischer Wind bläst. So steigen wir recht schnell ab ins Tal, teils weglos in einem steilen Grashang, und erreichen nach 8 ¾ Stunden und fast 1.300 Höhenmetern im Aufstieg den nächsten Lagerplatz bei Matacancha auf etwa 4.100 m Höhe. Hier verläuft auch die "Originalroute", der wir von nun an folgen werden. Da die ersten beiden Tagesetappen auf dieser Originalroute mittlerweile auf Fahrstraßen verlaufen, hat Antonio für die ersten Tage eine meiner Meinung nach recht abwechslungsreiche Alternativroute ausgearbeitet.

Donnerstag, 17. Juli 2003
Matacancha - Punta Cacanan - Mitococha

Über Nacht hat es etwas gegraupelt, die Wolken verziehen sich aber im Laufe des Vormittags. Kurz nach 8.00 Uhr brechen wir auf, vorbei am Weiler Cuartelhuain führt ein Pfad in etwa 2 ½ Stunden zur Punta Cacanan, einem 4.685 m hohen Pass, der die kontinentale Wasserscheide zwischen Atlantik und Pazifik bildet. Bisher sind wir meistens allein unterwegs gewesen, auf der Hauptroute treffen wir jetzt auf mehrere andere Gruppen. Unter uns liegt der rotbraun eingefärbte Pucacocha, ein Bergsee (cocha stammt aus dem Quetchua, der Sprache der Inkas, und heißt "See"). Nach kurzem Abstieg wandern wir um einen Rücken herum und erreichen am frühen Nachmittag das nächste Lager in der Nähe des Mitococha, überragt von Rondoy (5.883 m) und Jirishanca (6.126 m). In der Nähe grasen Alpacas, wir machen noch einen Abstecher zum See. Zum Abendessen bekommen wir frisch gefangene Forellen serviert!

Rast auf der Punta Cacanan (4.685 m)
Carhuacocha mit Yerupaja, Yerupaja Chico und Jirishanca Freitag, 18. Juli 2003
Mitococha - Punta Carhuac - Carhuacocha

Am Morgen ist der Himmel wieder wolkenverhangen, es bleibt aber trocken. In zwei Stunden flachem Aufstieg gelangen wir zum nächsten Passübergang, der Punta Carhuac (4.650 m). Die Wolken verziehen sich mehr und mehr und geben den Blick auf die Eisriesen frei. Während der Brotzeitpause beobachten wir ein Vizcacha, ein einheimisches Nagetier, das ungefähr so aussieht wie ein Kaninchen, nur mit einem etwa 20 cm langen Schwanz. Ziel des heutigen Tagen ist der Carhuacocha (4.138 m), einer der schönsten Flecken in der Cordillera Huayhuash. Wir erwischen den besten Lagerplatz direkt am See, und können uns kaum satt sehen am beeindruckenden Panorama mit Sarapo (6.143 m), Siula (6.356 m), Yerupaja (6.634 m) und Jirishanca (6.126 m), die direkt über dem Gebirgssee in den Himmel ragen.

Samstag, 19. Juli 2003
Carhuacocha - Paso Carnicero - Huayhuash

Um 7.30 Uhr geht es heute los, wir wandern am Seeufer entlang direkt auf die eisgepanzerten Berge zu, was unsere Fotografen zu mehreren kleinen Pausen zwingt. Am Fuß der hohen Gipfel entlang führt der Steig an drei schon fast kitschig wirkenden türkisgrünen Seen vorbei zum Paso Carnicero (4.800 m). Von dort aus steigen wir, am Ende mehr und mehr weglos, in Richtung Carnicerococha ab und wandern am See vorbei weiter zum heutigen Lagerplatz in Huayhuash (4.430 m), einem in der Karte eingezeichneten Ort, der aus genau einem Haus (oder so etwas ähnlichem) besteht und ebenfalls eine recht schöne Aussicht bietet, auch wenn die Berge hier "nur" noch zwischen 5.500 und 5.960 m hoch sind.

Gletscherseen
Michael in der Heißen Quelle Sonntag, 20. Juli 2003
Huayhuash - Portachuela de Huayhuash - Heiße Quelle

Sanft ansteigend steigen wir heute in etwa zwei Stunden zur 4.750 m hohen Portachuela de Huayhuash, einem weiteren Passübergang, hinauf. Vom Pass aus wird der Blick frei auf die Cordillera Raura, eine benachbarte Berggruppe im Südosten mit Gipfeln bis 5.700 m, die eher selten besucht wird und in der der Rio Marañon, einer der Hauptquellflüsse des Amazonas, entspringt. Vorbei an der Laguna Viconga (4.407 m) wandern wir in Pumarinrital bis zu unserem Lagerplatz auf etwa 4.330 m, direkt neben einer heißen Quelle! Das wird zum Baden und Waschen ausgenutzt, es ist aber schon ein seltsamer Anblick: neun Leute in einem Wasserbecken auf über 4.300 m Höhe, im Hintergrund die Gletscher der Cordillera Raura. Etwas Entspannung ist heute aber genau richtig, morgen steht schließlich der höchste Passübergang des Trekkings an.

Montag, 21. Juli 2003
Heiße Quelle - Punta Coyoc - Quebrada Huanacpatay

Bei wolkenlosem Himmel brechen wir um 8.30 Uhr auf und müssen gleich am Anfang den reißenden Rio Pumarinri überqueren. Der Weg führt nach Norden ins Puscanturpatal, überragt vom gleichnamigen Gipfel und biegt dann nach Westen ab. Durch einen engen Bacheinschnitt gelangen wir auf 4.800 m zu einer kleinen Hochebene, wo sogar noch Kühe grasen! In einem sandigen Kessel liegen malerisch ein paar kleine Seen, dann geht es die letzten Meter recht mühsam eine Sandreiße empor zur 5.020 m hohen Punta Coyoc, einem schönen Aussichtspunkt, wo Punkt Mittag gleich eine Brotzeitpause eingelegt wird. Beim Abstieg in die Quebrada Huanacpatay, einem langgezogenen Tal, tauchen im Norden die Hauptgipfel der Cordillera Huayhuash wieder auf. Kurz vor 16.00 Uhr laufen wir nach einer der landschaftlich schönsten Etappen im Lagerplatz auf etwa 4.320 m ein.

Die letzten Meter zur Punta Coyoc (5.020 m)
Lagerplatz Huatiac (ca. 4.300 m) Dienstag, 22. Juli 2003
Quebrada Huanacpatay - Huayllapa - Huatiac

Heute geht es zuerst bergab, die Quebrada Huanacpatay talauswärts bis kurz vor der Ortschaft Huayllapa. Zum ersten Mal seit einer Woche steigen wir wieder unter die 4.000-Meter-Marke ab, bei etwa 3.640 m ist der tiefste Punkt erreicht. Dann führt der Weg durch ein enges Tal wieder bergwärts, auf einem Felsen mitten im rauschenden Gebirgsbach essen wir zu Mittag. Am frühen Nachmittag sind wir im nächsten Lager auf etwa 4.300 m Höhe, im Hintergrund ist der Nevado Suerococha zu sehen, den wir übermorgen besteigen werden.

Mittwoch, 23. Juli 2003
Huatiac - Punta Tapush - Susococha

Heute wird's noch einmal gemütlich, in gut zwei Stunden wandern wir gemächlich zur Punta Tapush (4.750 m), wo ein frischer Wind pfeift. Von dort ist bereits der Susococha, unser Tagesziel, zu erkennen. Nach einer halben Stunde Abstieg sind wir schon um 11.00 Uhr am See und haben am Nachmittag viel Zeit zum Schlafen, Lesen, Spazierengehen usw. Geplant ist die Besteigung des Diablo Mudo; der Berg, auf den Holmes, unser Führer, deutet und der im Rahmen der Trekkings immer bestiegen wird, ist in der Karte aber als Nevado Suerococha bezeichnet. Anscheinend gibt es hier noch Klärungsbedarf, aber eigentlich ist es uns egal, wie der Buckel heißt, Hauptsache, eine schöne Tour wird's!!

Nevado Suerococha (5.350 m) im Abendlicht
Gipfelfoto Nevado Suerococha Donnerstag, 24. Juli 2003
Susococha - Nevado Suerococha - Jahuacocha

Die Nacht ist kürzer als sonst, um 4.40 Uhr ist Abmarsch. Durch Geröll stolpern wir im Schein der Stirnlampen an den Fuß des Berges und steigen bei Tagesanbruch über steile, aber gut zu gehende Steinplatten zu einem kleinen Absatz auf ziemlich genau 5.000 m Höhe. Jetzt steigt die Sonne über die Hauptgipfel der Cordillera Huayhuash, wir steigen durch eine steile Flanke zu einem Rücken und erreichen bald den Schnee. Es geht mit Hilfe der Steigeisen auf dem Grat bis etwa 45° steil zu einem Felsrücken, von wo aus wir noch einmal ein paar Meter in eine Scharte absteigen müssen. In steilem Büßerschnee stapfen wir schließlich über zwei weitere Gratrücken nochmals bis etwa 45° steil hinauf zum Gipfel des Nevado Suerococha (5.350 m), nach genau vier Stunden sind die ersten oben. Bei gutem Wetter und einer einmaligen Aussicht auf die gegenüberliegenden Sechstausender, deren Gipfel leider in Wolken sind, gibt es die verdiente Brotzeit. Kurz nach 10.00 beginnt der Abstieg durch die Ostflanke, anfangs im Schnee, dann in ziemlich brüchigem Gelände hinunter ins Huacrishtal. Dieses Tal zieht sich auch ganz schön lange flach hinaus, am Schluss folgt ein steiler Abstieg zum Jahuacocha (4.066 m), wo ich nach 9 ½ Stunden Gehzeit froh bin, den Rucksack loszuwerden. Dann können wir das traumhafte Panorama des wahrscheinlich am schönsten gelegenen Sees der Cordillera Huayhuash am Fuße von Rondoy (5.883 m), Jirishanca (6.126 m) und Yerupaja (6.634 m) bewundern. Eine schöne, abwechslungsreiche Gipfelbesteigung liegt hinter uns, morgen ist jetzt erst einmal ein Ruhetag angesagt.

Freitag, 25. Juli 2003
Ruhetag am Jahuacocha

Erst gegen 9.00 Uhr treffen wir uns zum Frühstücken, heute pressiert nichts. Danach brechen wir zu einem kleinen Spaziergang rund um den See auf. Ein Fotomotiv folgt auf das andere, mein Filmvorrat geht langsam zur Neige. Nach etwa 1 ½ gemütlichen Stunden sind wir am Ende des Sees und steigen noch auf eine Moräne, hinter der noch ein See versteckt ist. Der kleinere Solteracocha liegt 50 Meter unter uns und leuchtet in einem Türkis zu uns herauf, wie ich es noch nie gesehen habe, dahinter erstreckt sich ein wilder Eisbruch am Fuße der hohen Gipfel, stundenlang könnte man es hier aushalten und nur schauen! Am Südufer entlang wird zurückgeschlendert ins Lager. Nach einem gemütlichen Nachmittag bereiten unsere Begleiter zum Abendessen eine Pachamanca vor. Zuerst werden über einem Feuer Steine erhitzt, dann werden zwischen den heißen Steinen Gemüse, Kartoffeln und Fleisch verteilt, das Ganze wird mit einer Plane abgedeckt und mit Erde zugedeckt. Dann schmort alles eine knappe Stunde dahin, schließlich wird das Essen ausgegraben. Es schmeckt gut, dazu gibt es Bier, das wir einer der hier ansässigen Indiofrauen abgekauft haben. Mal wieder etwas anderes als Tee! Ein schöner Abschlussabend in der Cordillera Huayhuash.

Lagerplatz am Jahuacocha mit Rondoy, Jirishanca und Yerupaja Chico
Samstag, 26. Juli 2003
Abstieg nach Llamac - Fahrt nach Huaraz

Kurz vor 8.00 beginnt die letzte Etappe des Trekkings. Entlang einer Wasserleitung geht es ewig lang recht flach und eintönig talauswärts, erst am Ende führt der Steig steiler hinab ins Tal. Direkt vor dem Ort Llamac (3.300 m) fährt unser Koch sein letztes Essen auf, um 13.45 Uhr besteigen wir den Bus, der uns auf der neuen Schotterstraße zurück in die Zivilisation bringt. Am späten Nachmittag erreichen wir Huaraz, statt des erträumten Hotelzimmers müssen wir mit der Jugendherberge im Bergführerbüro vorlieb nehmen, die einzige Panne der ansonsten perfekt organisierten Tour. Vierzehn schöne Tage in einer Traumlandschaft, dazu ein interessanter Gipfelanstieg auf den Nevado Suerococha liegen hinter uns, so kann es weitergehen. Gleich am nächsten Tag brechen wir auf zur

Bergtour auf den Vallunaraju (5.686 m)

Aufstieg zum Vallunaraju (5.686 m)

Sonntag, 27. Juli 2003
Aufstieg ins Lager am Vallunaraju

Am Vormittag bleibt Zeit zum Umpacken und zu einem Bummel in die Stadt, wo gerade die Feierlichkeiten zum Nationalfeiertag in vollem Gange sind. Gegen 12.00 Uhr holt uns der Bus ab, auf einer Schotterpiste fahren wir, vorbei an Wilkawain, wo wir bereits ganz am Anfang unseres Urlaubs vorbeigewandert sind, in ein enges Tal, die Quebrade Llaca, bis in eine Höhe von etwa 4.350 m. Ein Steig zieht steil den grasigen Berghang hinauf, an einer felsigen Stelle müssen auch einmal die Hände zu Hilfe genommen werden. Vor der grandiosen Kulisse von Ocshapalca (5.881 m) und Ranrapalca (6.162 m) wird nach gut zwei Stunden Aufstieg auf ca. 4.900 m das Lager bezogen. Abendessen gibt es heute im Freien, da es nach Sonnenuntergang ganz schön schnell ganz schön kalt wird ziehen wir uns bald in die Zelte zurück.

Montag, 28. Juli 2003
Vallunaraju - Rückfahrt nach Huaraz

Um 3.45 Uhr klopft es ans Zelt, ein Stunde später ist Abmarsch. Über Felsplatten und Blockgestein wird zum Gletscher aufgestiegen, mit Steigeisen, Pickel und angeseilt geht es weiter bergwärts. Steile und flache Pasagen wechseln sich ab, inzwischen ist auch die Sonne aufgegangen. Unter dem Vorgipfel hindurch steigen wir in eine Scharte, aus der heraus es bis 45° steil an einer überwechteten Kante entlang nach oben geht. Nach einer Querung und einem letzten steileren Rücken stehen wir 4 ½ Stunden nach dem Aufbruch auf dem 5.686 m hohen Vallunaraju, bei sonnigem Wetter und einer guten Sicht, von Norden grüßt der Huascarán, unser letztes und größtes Ziel. Eine Dreiviertelstunde bleiben wir oben, steigen dann in der Aufstiegsspur wieder ab ins Lager und essen etwas. Schließlich wird das Lager abgebaut, meist weglos wird in einer steilen, grasigen Flanke wieder zur Straße im Tal abgestiegen. Der Bus ist auch recht schnell da, am späten Nachmittag sind wir nach einer weiteren lohnenden Tour wieder zurück in Huaraz, sogar ein Hotelzimmer haben wir bekommen ...

Gipfelfoto Vallunaraju
Indiomarkt in Huaraz Dienstag, 29. Juli 2003
Ruhetag in Huaraz

Am Vormittag wird mit Juan, einem unserer Bergführer, die Bergtour auf den Huascarán noch genau durchgesprochen, danach steht der Tag zur freien Verfügung. Wir sehen uns in der Stadt um, die wegen diverser Erdbeben nicht besonders reich an Sehenswürdigkeiten ist. Auf alle Fälle sehenswert ist der bunte Indiomarkt, auf dem es praktisch alles, was man zum täglichen Leben braucht, zu kaufen gibt. Dann wird wieder einmal Ausrüstung gepackt, am Abend verabschieden wir uns von Heike, sie wird mit dem Nachtbus nach Lima zurückfahren und die letzte Woche in und um Cuzco verbringen. Für den Rest der Gruppe wird es Ernst mit der

Besteigung des Huascarán

Der Südgipfel des Huascarán ist mit 6.768 m (Nordgipfel 6.655 m) der höchste Berg Perus und gleichzeitig der fünfthöchste Gipfel auf dem amerikanischen Kontinent. Der eigentlichen Kette der Cordillera Blanca vorgelagert überragt er das Santatal um über 4.000 m und ist damit der beherrschende Gipfel der Region. Die Erstbesteigung erfolgte am 20. Juli 1932 durch eine Expedition des DuÖAV.
Mittwoch, 30. Juli 2003
Aufstieg ins Basislager

Um 8.00 Uhr holt uns ein Bus am Hotel ab, die Fahrt ins 3.050 m hoch gelegene Musho, dem Ausgangspunkt für die Besteigung, dauert etwa 1 ½ Stunden. Mit den schweren Rucksäcken steigen wir durch eine Flanke gemächlich höher, folgen kurz einem Moränenkamm und legen im Schatten von Quenuabäumen die letzten Höhenmeter ins Basislager zurück. Das Lager liegt auf 4.200 m, etwa vier Stunden dauert der Aufstieg, ganz so einsam wie am Vallunaraju sind wir hier nicht. Wir haben eine hervorragende Sicht ins Tal hinunter und erleben einen stimmungsvollen Sonnenuntergang hinter der gegenüberliegenden Cordillera Negra.

Aufstieg ins Huascarán-Basislager
Sonnenuntergang im Lager I (ca. 5.300 m) Donnerstag, 31. Juli 2003
Aufstieg ins Lager I

Kurz vor 9.00 brechen wir auf, den Beginn macht eine lange Querung über einst vom Gletscher glattpolierte Steinplatten, die aber gut zu begehen sind. Auf etwa 4.600 m steht auf einem etwas entfernten Moränenrücken inzwischen eine Hütte, die vor zwei Jahren eröffnet worden ist. 300 m höher stehen wir am Beginn des Gletschers und ziehen die Steigeisen an. Auf das Seil kann verzichtet werden, der Gletscher ist aper. Gegen 15.00 Uhr laufen wir im Lager I (5.300 m) ein. Essen gibt es ab hier wieder im Freien, der Sonnenuntergang ist heute sogar noch etwas beeindruckender als gestern.

Freitag, 1. August 2003
Aufstieg ins Lager II in der Garganta

Kurz nach 8.00 Uhr brechen wir in drei Seilschaften auf, heute ist ein riesiger Gletscherbruch zu überwinden. Eine gute Spur leitet durch gewaltige Spaltensysteme und Brüche, teils bis 45° steil umkurven wir die Hindernisse. Nach einem kurzen Gegenanstieg sind wir gegen 12.45 Uhr im Lager II auf 5.900 m in der Garganta, dem Sattel zwischen Süd- und Nordgipfel. Leider ist es etwas wolkig, ein leichter Wind weht, den Nachmittag verbringen wir größtenteils in den Zelten. Angesichts der Temperaturen und des frühen Aufbruchs wird es kein allzu langer Abend.

Aufstieg zum Lager II durch den Eisbruch
Gipfelfoto Huascarán (6.768 m) Samstag, 2. August 2003
Gipfelanstieg und Abstieg bis ins Basislager

Um 2.15 Uhr ist Wecken, ein Stunde später geht es los. Wir steigen gleich über steile Gletscherhänge bergwärts, es kommt Wind auf, was die ganze Angelegenheit nicht unbedingt wärmer macht. An einem kurzen Steilaufschwung müssen leider drei Teilnehmer, die leichte gesundheitliche bzw. Höhenprobleme haben, umdrehen. Der Rest steigt weiter, oben wird das Gelände flacher, nach fünf Stunden Aufstieg stehen Rainer, Toni, Bernd und Hans um 8.15 Uhr im eiskalten Wind auf dem 6.768 m hohen Huascarán-Sügipfel. Anscheinend hat sich seit gut 70 Jahren hier nicht viel geändert, schreibt doch Erwin Schneider im Bericht von der Erstersteigung: "Aufenthalt dahier 10 Minuten. Bei -10 Grad und Windstärke 9 waren wir zu leidend, länger oben zu bleiben." Uns geht es ähnlich, es ist einfach zu kalt und zu windig für eine Gipfelbrotzeit, schade! Schon um 11.00 Uhr sind wir wieder im Lager II, das erste Auflösungserscheinungen zeigt, unsere Umkehrer sind schon abgestiegen, wir folgen ihnen ab 12.15 Uhr. Da bis zum Sonnenuntergang genügend Zeit bleibt, gehen wir gleich bis ins Basislager durch, dann langt es aber auch für heute! Etwa 900 Höhenmeter im Aufstieg, gut 2.600 im Abstieg und 13 ½ Stunden Fußmarsch sind genug. Schlafprobleme dürfte heute Nacht keiner haben!

Sonntag, 3. August 2003
Abstieg nach Musho - Rückfahrt nach Huaraz

Nach einem ausgiebigen Frühstück setzen wir uns um 9.45 Uhr in Bewegung, es ergeben sich noch schöne Ausblicke zurück zum Gipfel, wo heute der Wind noch stärker zu wehen scheint, Glück gehabt! Kurz nach Mittag ist für diesen Urlaub Schluss mit den Bergen, wir lassen uns ein Bier schmecken. Dann geht es zurück nach Huaraz, die warme Dusche tut gut, die Ausrüstung verteilt sich im Zimmer, Zeit zum Aufräumen ist genügend in den nächsten beiden Tagen.

Montag, 4. August 2003
Ruhetag mit Pachamanca

Am Vormittag wird das Zimmer etwas auf Vordermann gebracht, ab Mittag sind wir im Haus von Antonio zu einer Pachamanca eingeladen. Wir übernehmen die Getränke, es gestaltet sich jedoch schwierig, in Huaraz trägerweise Bier zu bekommen. Zur Pachamanca spielt Musik, auch das Tanzbein wird, so gut es geht, geschwungen. Nach einem lustigen Nachmittag geht es zum Abendessen, danach zieht es vier Teilnehmer ins "Tambo", die örtliche Disco, der letzte kommt kurz nach 3.00 Uhr zurück ins Hotel.

 

Pachamanca bei Antonio
Dienstag, 5. August 2003
Ruhetag in Huaraz, Busfahrt nach Lima

Bis Mittag müssen die Zimmer geräumt sein, also wird am Vormittag gepackt. Danach bleibt genügend Zeit, um sich noch einmal in Huaraz umzusehen und Souvenirs einzukaufen. Nach dem Abendessen verabschieden wir uns und fahren ab 23.00 Uhr im komfortablen Nachtbus zurück nach Lima.

Kirche Santa Maria de Belén in Huaraz Mittwoch, 6. August 2003 - Donnerstag, 7. August 2003
Stadtbummel in Lima und Heimflug

Um 5.30 Uhr kommen wir in Lima an und verabschieden uns von Ulf, Renate und Michael, die noch eine Woche in Cuzco anhängen und über den Inkatrail nach Machu Picchu wandern werden. Den Rest der Mannschaft bringt ein Kleinbus ins Hotel Kamana, wo wir Heike wieder treffen. Dann wird durch die Stadt gebummelt, wir besichtigen das sehenswerte Kloster San Francisco mit seinen Katakomben. Am späten Nachmittag geht es zum Flughafen, gegen 20.00 Uhr hebt das Flugzeug zurück in die Heimat ab. Der Flieger ist ziemlich voll, was uns Sitzplätze in der Business Class einbringt, ein Genuss für meine langen Beine, auch das Essen ist nicht zu verachten. Von den bequemen Liegesitzen für den elfstündigen Flug über den Atlantik reden wir mal gar nicht... Die Uhr wird wieder sieben Stunden vorgestellt, um 14.00 Uhr setzt der Airbus in Madrid auf, um 19.00 Uhr hat uns das Erdinger Moos wieder. Aus, vorbei!

Für mich viel zu schnell sind vier Wochen Urlaub vorbei, eine Zeitlang hätte ich es schon noch in Südamerika aushalten können! Viele Eindrücke bleiben in Erinnerung: eine landschaftlich einmalige vierzehntägige Trekkingtour um die Cordillera Huayhuash mit der Besteigung des Nevado Sueracocha (5.350 m), im Anschluss die abwechslungsreiche Bergtour auf den Vallunaraju (5.686 m) und schließlich als bergsteigerischer Höhepunkt der Huascarán (6.768 m). Der "schönere" Gipfel, darüber sind wir uns einig, war eigentlich der Vallunaraju, schon wegen des Wetters und der Gipfelbrotzeit, am Huascarán war es leider zu kalt und zu windig. Der Abschied fällt schwer, vor allem von den Leuten, die uns in den letzten vier Wochen begleitet haben: Führer, Koch, Träger, Eseltreiber und das Team von "Alturas Reisen". Wenn es nach mir geht, steht einer weiteren Reise nach Südamerika nichts im Weg, genügend Berge gibt es hier auf jeden Fall noch zu besteigen.

Hans Mau

Abendstimmung über Huaraz: Vallunaraju (5.686 m)