Piding: Duse Poá

Auf dem Pidinger Klettersteig

Von Hans Sterr
 

Anruf. Der Schorsch. „Bergauf, bergab muas’d da anschaun, vielleicht segst mi ...“. Am Pidinger Klettersteig war er, und da hat er den Michael Pause und sein Filmteam vom BR getroffen. Leider hams den Schorsch dann aber doch nicht gezeigt ... und so blieb es dann halt bei der Empfehlung: „Den Pidinger muasd macha!“. Und jetzt war gute Gelegenheit: Die Freundin im Steinernen Meer unterwegs, sehr gutes Wetter angekündigt, und die Form ist nach der vorangegangenen Hochtourenwoche in der Bernina auch ordentlich. Also: Auf geht’s ...

Die Nordwand des Hochstaufen
(Mir) Unbekannte am Einstiegswandl Man ist es ja schon gar nicht mehr gewohnt, aber die A9 nach Salzburg gibt’s auch staufrei. Allerdings sollte man dann so wie ich sehr früh am Morgen Richtung Berge unterwegs sein. Dann flutscht es so richtig ... der Parkplatz in Urwies ist aber trotz früher Stunde schon gut belegt. Da werden die meisten halt auch den Wetterbericht mit den zu erwartenden hohen Temperaturen gesehen haben. Am Weg zum Einstieg trifft man dann viele der Leute, die den Pidinger auch in Angriff nehmen wollen.

Apropos Einstieg: Ich hab grade noch Glück und komme so am Einstieg an, dass ich noch vor dem „Ansturm“ in den Steig komme. Sonst wäre zunächst mal Stau angesagt gewesen (Autobahn frei, Klettersteig voll). Ein bisschen erstaunlich ist der Andrang schon für einen Steig, der mit „schwierig bis sehr schwierig“ charakterisiert wird. Aber da hat der Film vom Pause wohl für ausreichend Werbung gesorgt ... Am Einstiegswandl geht’s gleich kernig los, und eine Aspirantin entschließt sich angesichts des Auftakts dann doch, über den Normalweg aufzusteigen und die anderen oben zu treffen. Schad drum; wenn man die kurze Wand hinter sich hat, könnte man zumindest bis zum ersten Notausstieg weiter kraxeln, denn da geht’s wesentlich harmloser als zu Beginn zu, und teilweise befindet man sich sogar im Gehgelände.

Ja, ja: Da geht's auffe ...
Öha - gaach Nach diesem „Notausstieg“ allerdings geht’s richtig rund, die Vertikale dominiert, und einige Male ist Irxenschmalz das probate Mittel, um weiter zu kommen. Generell scheint mir dieser Mittelteil der technisch schwierigste Abschnitt zu sein; wer über etwas Klettertechnik verfügt (also Griffe und Tritte erkennt und sie zu nutzen weiß), spart sich Kraft und hat damit auch konditionelle Vorteile für den weiteren Verlauf. Und dann fällt auch das Fotografieren leichter, was sonst angesichts der Ausgesetztheit nicht immer einfach ist – wie fotografiert man, wenn man sich mit zwei Händen festhalten muss?

Nach diesem Kraftakt geht es, obwohl weiter anspruchsvoll, etwas leichter weiter. Zunächst zumindest; eine Tafel „Letzter Notausstieg“ weist darauf hin, dass man sich jetzt doch überlegen muss, ob man es bis zum Schluss durchziehen will und kann. Wer das für sich mit Ja beantwortet, steigt über eine Rippe zunächst einmal wieder nahezu senkrecht auf, bevor man auf einer längeren Querung erst wieder ca. 50 Höhenmeter abwärts steigt, um zum Schlussanstieg zu gelangen. Und da geht’s wieder ordentlich zur Sache; schwierige bis sehr schwierige Stellen gilt es zu meistern. Aber mittlerweile ist man’s gewohnt; nur wer weiter unten zuviel Kraft gelassen hat, wird hier in die Bredouille kommen.

Die Senkrechte dominiert

Man gewöhnt sich dran ...

Der Anstieg wird an einem Gratturm unterbrochen, wo einige Meter seitlich das Wandbuch angebracht ist. Nach dem Eintrag folgt das Grande Finale: Der Steig zieht noch einmal alle Klettersteigregister und leitet senkrecht über den letzten Aufschwung. Man entsteigt der Wand knapp 50 Hm unter dem Gipfel. Eine Tafel weist darauf hin, dass der Abstieg über den Steig verboten ist; eine sehr sinnvolle Regelung, denn an vielen Stellen könnte man Gegenverkehr ganz und gar nicht gebrauchen (mal abgesehen davon, dass die meisten den Steig im Abstieg gar nicht stemmen könnten – und da trete ich wohl den wenigsten zu nahe).

Nach einer kurzen Gipfelrast gibt’s dann noch eine frische Belohnungs-Halbe auf dem Reichenhaller Haus, ehe es über die Steinernen Jager zurück geht. (Bei der Gelegenheit ein Tipp: Beim Rückweg bin ich auf der Moar Alm eingekehrt; da musste ich zwar fragen, ob sie was ausschenken, weil’s so privat ausgesehen hat - die Alm gehört den Naturfreunden. Aber dann: Die Radlermass hat unglaubliche 3,60 Euro gekostet. 3,60! Dass es so etwas noch gibt ... und noch etwas: Gleich bei der Alm gibt es einen Bergblumengarten. Wer alle Blumen kennt, hat eine Maß frei ... na ja, das letzte war jetzt g’schwindelt.)

... auch wenn's schwer fällt.
Der Gratturm vor dem Finale Zum Schluss ein Sonderlob für die Erbauer des Pidinger Klettersteigs: Der Steig ist sehr schön angelegt, und vor allem mit Hirn. Da haben sich ein paar Leute (die richtigen) Gedanken gemacht: Die Wegführung ist sehr schön, die Seile sind sehr solide und gut griffig, die Umlenkpunkte sind genau an der richtigen Stelle, und Tritthilfen gibt es immer da (und nur da), wo es an natürlichen Griffen und Tritten (zu sehr) mangelt. Trotz der Hilfen ist der Steig eine kernige Angelegenheit, bei der sich jeder überlegen sollte, ob er sich das zumuten kann. Wer das aber bejahen kann, erlebt einen sehr ergiebigen Steig, der gute Laune macht.

Um mit der Eurovisionsbewertung zu sprechen:

Piding: Duse Poá!“

Die Schlusskante vor dem Ausstieg: Grande Finale!
Hans Sterr, 09. August 2004