Großglockner - Wunschtraumberg!

oder: Wie ein Mäuschen dem König aufs Haupt stieg

Von Moni Hofer

   
Nach Absolvierung von zwei Gletscherkursen war für mich (Moni) klar: Gipfelbesteigungen über Gletscher bleiben den Profis vorbehalten! Doch kaum hatte ich anschließend ein wenig „Gletscherluft“ geschnuppert, stand ein Berg ganz oben auf meiner Wunschliste: Der Großglockner, mit 3798 m der höchste Berg Österreichs. Das muss sich herumgesprochen haben, denn mein Bruder Hans macht ein ernsthaftes Angebot, mich mitzunehmen.
 

Moni und Erich kurz hinter der Stüdlhütte

Am 23. Juli 2004 soll es losgehen. Nach einer wetterbedingten Zitterpartie meldet Hans: Der Wetterbericht meint es gut (ha! ha!). Am Freitag, 23.07.04, nach einer vierstündigen Anfahrt (Baustellenstau), kommen wir am Lucknerhaus an und steigen um 18 Uhr 30 zur Lucknerhütte auf (1 Stunde). Hier gibt es gutes Essen, gutes Quartier und Musikeinlage.

Samstag, 24.07.04, Aufbruch um 7 Uhr 45 zum Großglockner über die Stüdlhütte. Auf dem Weg begleiten uns Steinbock-Rudel und Murmeltiere. Es zieht zu, es regnet. Über das Ködnitzkees und zum Schluss über einen seilversicherten Steig mit großem Blockwerk arbeiten wir uns aufwärts. Unvermittelt am Steigende steht die Erzherzog-Johann-Hütte, auch bekannt als Adlersruhe (3454 m). Um 12 Uhr 30 kommen wir an. Dicke Nebelschwaden hüllen uns ein. Gerne hätten wir uns ein wenig ausgeruht. Die Zuteilung der Quartiere erfolgt leider erst am Abend. So gönnen wir uns eine warme Suppe und versuchen, uns im wenig gemütlichen Gastraum etwas zu erholen. Mit uns bangen und hoffen viele Bergsteiger auf Wetterbesserung, leider vergebens.

Am "Klettersteig" über dem Ködnitzkees

Letzter Felsaufschwung vor der Adlersruhe

Um 14 Uhr 30 fällt trotzdem die Entscheidung: Auf zum Gipfelsturm! Es geht auch gleich „zur Sache“: Der Anstieg ab Hütte ist steil (bis 35 Grad), aber nicht vereist, auch nicht das „Glocknerleitl“. Es folgt der Einstieg über ein steiles Felsenstück zum Kleinglockner. Wegen der ungünstigen Witterung gibt es erfreulich wenig Wartezeit und Gegenverkehr, es sind aber doch auch andere Seilschaften unterwegs. Das Klettern im Fels mit Steigeisen geht nach kurzer Gewöhnung ganz gut. Ein im Abstieg zum Kleinglockner verlegtes Fixseil wird dankbar angenommen. Dann: Das „Glocknerschartl“, die Schlüsselstelle. Erst hier erinnere ich mich an zahlreiche Berichte über die Probleme ......! Hans lässt keine Zweifel aufkommen, für jedwedes „Rumzicken“ ist keine Zeit, mit fester Hand sichert er weiter.

Nach geglückter Überschreitung des „Schartl`s“ steht man vor einem (massiv aussehenden) Felsblock, der überraschend gut zu erklettern ist. Der Gipfelgrat wird problemlos gemeistert und dann taucht das Gipfelkreuz auf. Ich kann es nicht fassen! Vor Rührung und Anspannung muss ich erst weinen und dann meinen Triumph laut hinausschreien – meine Gefühlswelt rotiert! Es gibt viel gegenseitiges Lob und Schulterklopfen. Es gibt nicht viel Platz auf dem Gipfel. Das schöne Gipfelkreuz ist über die Hälfte im Schnee versunken und verliert dadurch an Dominanz. Nach Würdigung unseres Gipfelerfolges und den obligatorischen Fotos wird rasch der Rückweg angetreten.

Am Grat des Kleinglockner

Am Großglockner-Gipfel

Der Regen verstärkt sich und geht in Graupel über. Tropfnass kommen wir nach 3 Stunden auf die Hütte zurück. Hier allerdings gibt es keinen Tropfen Wasser zum Waschen. Nach dem Aufhängen der nassen Kleidung gehen wir zum gemütlichen Teil über. Mit einem guten Essen und manchem Glas Wein wird bis zur Hüttenruhe gefeiert. Abends kommt Sturm auf, der die ganze Nacht anhält und an der Hütte rüttelt. An Schlaf ist auf dieser Höhe ohnehin nicht zu denken. Ein Blick nach draußen genügt. Die Stimmung beim Frühstück in der Gaststube erscheint gedrückt. Die meisten Seilschaften, die für den Sonntag bessere Bedingungen erhofft hatten oder von einer anderen Seite aufgestiegen waren, haben ihr Vorhaben aufgeben müssen. Bei Sturm über den Gipfelgrat zu gehen ist nicht ratsam. Was sind wir froh, den Gipfel doch noch am Samstag bestiegen zu haben!

Am Sonntag um 7 Uhr 45 beginnt für uns der Abstieg. Hans gibt einen flotten Takt vor (ganz bewusst, zur Übung, wie er mir später lachend gesteht). Nach gemeinsamer Entscheidung steigen wir ohne Einkehr die 1.200 Hm bis zum Lucknerhaus ab. Ein Blick zurück: Ein bisschen Blau blitzt durch, der Großglockner aber umhüllt sich bis zum Schluss mit dunklen Wolken. In Matrei legen wir eine Mittagsrast ein und „hoam“ geht`s.

Der Glockner, fast frei

   
Zusammenfassend stelle ich fest, dass die wetterbedingten Widrigkeiten die Besteigung des Großglockners für mich wesentlich vereinfacht haben: Durch den Nebel waren die ausgesetzten Abschnitte nicht oder kaum zu sehen. Lieber Hans, wenn ich die Zeichen richtig deute, war diese Tour ein nachträgliches Geburtstagsgeschenk. An ein großartigeres kann ich mich nicht erinnern. An meinem Gipfelerfolg hattest Du entscheidenden Anteil: Über Steilstufen hast Du mich hinaufgelobt, bei Knackpunkten mit straffem Seilzug nachgeholfen. Danke.
   
Die Dreierseilschaft bestand aus: Hans Sterr (Fotos), Erich Schulze, Moni Hofer (Bericht).